Waldvogel: Seit Generationen im Familienbesitz

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auf 1. Aug. 2019
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Waldvogel: Seit Generationen im Familienbesitz

Jens Waldvogel steht zwischen Zigaretten, Pfeifen, Zeitschriften und dem Lottostand wie eine Festung. Er wirkt etwas grimmig, das täuscht. Wer mit ihm ins Gespräch kommt, hört viel Interessantes und hat was zum Lachen. Sein Laden an der Ecke zur Gooß, am Anfang der Fußgängerzone der Großen Schmiedestraße ist Kult und seit Generationen im Familienbesitz. Sein Urgroßvater, erzählt Waldvogel, hat hier einst einen Kolonialwarenladen betrieben. Honig wurde verkauft, später kamen Bankgeschäfte hinzu. Jens Waldvogel führt den Laden seit 1993, also 26 Jahre.

Die Große Schmiedestraße bezeichnet er als „toten Arm der Innenstadt“. Er kommt klar, sagt er, weil 80 Prozent seiner Kundschaft Stammkunden sind. „Sonst wäre ich hier schon lange weg.“ Die Touristen füllen das Sommerloch. Die Einheimischen, so Waldvogel mit leichtem Frust, würden ja lieber auf der grünen Wiese einkaufen. Immerhin: Der Wochenmarkt nebenan am Pferdemarkt belebe die Geschäfte.
Rezepte für die Zukunft der Straße habe er nicht. „Wie kriegen wir hier mehr Lauf rein? Gute Frage, nächste Frage“, sagt Waldvogel und zuckt mit den Schultern.

Buchhandlung Schaumburg ist ein Klassiker

Seit 1840 gibt es die Buchhandlung Schaumburg in Stade, seit 1852 ist sie in der Großen Schmiedestraße zu finden, heute geführt von Heide Koller-Duwe und Sebastian Duwe. Er gehörte jahrelang zu den treibenden Kräften in der Straßengemeinschaft. Die hat sich mangels Unterstützung aufgelöst. Duwe spricht von Einzelkämpfertum, bedingt wohl auch durch viele Wechsel und Leerstände.

Die Duwes sind umtriebig, pflegen ihr traditionelles Geschäft auf 150 Quadratmetern Verkaufsfläche, sind im Internet präsent, laden zu Lesungen ein. Mit dem besonderen Angebot wollen sie sich absetzen, im Markt ihre Nische besetzen. Regelmäßig wird ihr Geschäft mit dem besonderen Schaufenster als einer der schönsten Buchläden Europas bezeichnet. Das locke viele Touristen nach Stade. Duwe sieht auch IHK, Stadt und Einzelhandelsverband in der Pflicht, den Handel zu unterstützen, Bürokratie abzubauen und Ideen zu entwickeln für eine gedeihliche Innenstadt.

Lebhaft und bunt: der Tonladen

Rita Wallisch aus Gräpel von „Der Tonladen“ ist so lebhaft wie ihr Laden bunt. Seit 1994 bewegt sie sich zwischen Keramik, Klamotten und Nippes. Rita Wallisch setzt auf Persönlichkeit, auf Kommunikation. „Die Menschen kommen auch hier rein, um zu reden.“ Rita Wallisch kann nicht nur fröhlich, sondern auch leise: „Manchmal ist es hier ganz schön ruhig“, sagt sie mit gesenkter Stimme. Schlachter Bunn, die Käserei an der Ecke, das Modehaus Bardenhagen würden fehlen.

Da sei es gut, dass die Gastronomie Menschen in die Straße locke. Das bringe vor allem bei gutem Wetter vermehrten Lauf. Und gut sei es, dass es junge mutige Menschen gebe mit neuen Ideen. In ihrem Tonladen war früher eine Keks- und Kuchenbäckerei, später ein Friseur und auch Bäcker Clement mit Café. Rita Wallisch sieht die Vermieter in der Pflicht, auf Wünsche der Handeltreibenden zu reagieren, bei den Mieten nicht zu überziehen und ihre Häuser in Schuss zu halten. Dann klappe es auch mit den Geschäften. Rita Wallisch freut sich über die Kollegialität in der Straße. Die Betreiber gehen gern mal zusammen einen Kaffee trinken, gegenseitig passen sie auf ihre Geschäfte auf. Sie ärgert sich über den schlechten Ruf der Straße: „Das ist so schade.“

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Die Expertinnen im Wäschehaus

Vier Frauen des ehemaligen Textilhauses Leffers machten sich im April 2006 selbstständig, als ihr Arbeitgeber in die Insolvenz ging. „Das Wäschehaus“ steht in der Großen Schmiedestraße. Rita Schmidt und Monika Krüger sind bis heute dabei. Der Internethandel und die etwas abgelegene Lage machen ihnen das Leben schwer. Die individuelle Beratung bei Miederwaren hilft ihnen, über die Runden zu kommen.

Schmidt und Krüger haben das Gefühl, bei den großen Veranstaltungen in der Innenstadt vergessen zu werden. Zudem sei die Parksituation unbefriedigend. Wie ihre Nachbarn halten sie den Leerstand für störend und freuen sich über die gute Nachbarschaft: „Wir müssen uns ja vertragen und miteinander arbeiten.“

Der Kneipier aus seinem „Apropos“

Thomas Mäkel hat aus seinem „Apropos“ in der Kleinen Schmiedestraße den direkten Blick auf eine große leere Fensterfront. „Das stört natürlich“ sagt er. Mäkel führt seit 2004 die Kneipe und lebt wie viele hier von der Stammkundschaft. „Wer hierher kommt, macht das ganz bewusst.“ Alles in allem sei es in der ganzen City ruhiger geworden, meint er.

Über manche Geschäftsideen wundert er sich: „Einige sind schneller gegangen, als sie gekommen sind.“ Er kennt das negative Image der Schmiedestraßen. Als Kneipier weiß er aber auch zu gut: „Wenn die Leute nichts zu meckern haben, geht es ihnen nicht gut.“ Er fordert die Menschen auf, regional einzukaufen, um die Vielfalt der kleinen Läden in der Stadt zu erhalten.

Die Mutmacher von „Kommood“

„Kommood“ nennt sich der Einrichtungsladen im nordischen Stil, mit dem sich drei junge Frauen im November 2018 selbstständig gemacht haben. Nicht meckern, selber machen, war ihr Motto, als sie in Stade nicht das fanden, was sie für ihre Wohnungen suchten.

„Wir sind begeistert von dem tollen Feedback der Kunden und unserer wirtschaftlichen Entwicklung“, sagt Kathrin Groskopf, die mit Anne-Lena Heitmann und Tanja Eckhoff gemeinsame Sache macht. Ihnen sei abgeraten worden, in die Schmiedestraße zu ziehen. Doch das Trio liebt das Flair dort, das Miteinander mit den Nachbarn und freut sich über ausnahmslos positive Erfahrungen. Diesem Anfang liegt offenbar ein Zauber inne.

Euphorie des Neuen im Fach-Markt

Die Euphorie des Neuen treibt auch Fach-Markt-Leiterin Ute Mahler seit Mai vor ihren bunt gefüllten Regalen an. Die Werkstätten des Deutschen Roten Kreuzes in Stade arbeiten hier mit dem Stader Stadtmarketing zusammen – auch um die Große Schmiedestraße zu beleben. Die Resonanz bisher sei super, zusätzliche Fächer für regionale Anbieter wurden bereits aufgebaut.

Ganz neu: das Café „Saltkråkan“

Ums Eck am Neuen Rathaus hat sich vor fünf Wochen Marko Hohmeister mit seinem schwedischen Café „Saltkråkan“ niedergelassen. An 70 Plätzen werden Frühstück, Mittagstisch sowie Kaffee und Kuchen serviert. Hohmeisters erste Bilanz: „Ich bin sehr zufrieden.“

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Created by Tal Garner
On Nov 18, 2021