16. März 1945

Bombenangriff auf Würzburg

Main-Post
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auf 2. März 2018
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Dieses Projekt beschreibt den 16. und 17. März des Jahres 1945 in Würzburg. Am Beispiel von fünf Hauptpersonen begleiten wir die Würzburger durch den Feuersturm, der sich ins kollektive Gedächtnis der unterfränkischen Stadt eingraben wird

Die fünf Protagonisten:

Georg Götz

Georg Götz wird am 14. März 1936 geboren. Er wohnt mit seiner Mutter, Betti Götz, in der Petrinistraße 11 in Grombühl, der Vater ist sechs Wochen vor seiner Geburt gestorben. Betti Götz näht in Heimarbeit für die Firma Wäsche-Schlier Hemden aus Papier, Stoff gibt es keinen mehr.

Die Mutter, im Bild mit Georg am Eingang der Notwohnung in Rimpar, die sie nach dem 16. März beziehen werden. Sie ist überzeugte Katholikin, lässt sich das „Grüß Gott“ nicht verbieten. Georg Götz erinnert sich später:

„Die Polizei kam, und Mutter wurde belehrt, mit ‚Heil Hitler’ zu grüßen. Sie ließ sich nicht beirren und sagte auch zur Polizei ‚Grüß Gott’. Am nächsten Tag zierte den Rahmen unserer Korridortür ein roter Aufkleber mit weißer Schrift: ‚Dein deutscher Gruß, HEIL HITLER’. Lange blieb dieses Papier nicht kleben!"

Charlotte Ambrosch

Charlotte Ambrosch ist am 16. März 1945 23 Jahre alt und wohnt neben Georg Götz und seiner Mutter in der Petrinistraße 9 in Grombühl. Geboren wurde sie am 5. Oktober 1921. Sie arbeitet im „Warnkommando Würzburg“, das im ehemaligen Bischofspalais in der Herrnstraße untergebracht ist. Aufgabe der dort eingesetzten Menschen, meist junger Mädchen, ist es, Luftwarnungen durchzugeben.

Ortrun Koerber

Ortrun Koerber kommt mit 14 mit ihren Eltern und ihrer ein Jahr älteren Schwester Ingeborg (im Bild links) und mit der elf Jahre jüngeren Ingrid (nicht im Bild) im April 1939 aus Japan nach Würzburg. Ihr Vater hat eine Stelle als Studienrat an der Oberrealschule, dem heutigen Röntgen-Gymnasium, bekommen. In Japan hat er an verschiedenen Universitäten Deutsch unterrichtet. Ortrun, ihre Eltern Louise und Josef Koerber sowie ihre beiden Schwestern haben in jenem April 1939 wahrscheinlich mehr von der Welt gesehen als irgendein anderer Würzburger. Aber sie haben keinerlei Erfahrung mit dem Nationalsozialismus...

Die nationalsozialistische „Weltanschauung“ kommt Ortrun angesichts ihrer vielfältigen Erfahrungen absurd vor. Sie hat amerikanische, englische und russische Freunde, sie liebt die Musik des aus Polen stammenden Frédéric Chopin, sie spielt seine Mazurkas auf dem Klavier, schreibt Gedichte in englischer Sprache, liest mit Begeisterung Werke der Weltliteratur. Ortrun ist dreisprachig aufgewachsen, spricht Deutsch, Englisch und Japanisch. Dieses Mädchen wird nun in das enge Korsett des Bundes Deutscher Mädel gepresst, soll zu einem willfährigen Rädchen der NS-Diktatur werden.

Sie und ihre Familie widersetzen sich. Die freiheitlich denkende Familie gerät ins Visier der Gestapo, Ortrun muss ihre Tagebücher verstecken. Sie muss es nicht selbst tun, ihre Mutter übernimmt die gefährliche Aktion. Auch als Ortrun wegen ihrer Liebe zu dem italienischen Kriegsgefangenen Carlo, der wie sie bei der Firma Koenig & Bauer in der Granatenproduktion eingesetzt ist, in Schwierigkeiten gerät, setzt sich die Mutter für sie ein.

Hans Schwabacher

Hans Schwabacher stammt aus einer angesehenen Würzburger Familie: Der Urgroßvater im Stadtrat, der Großvater erfolgreicher Geschäftsmann, der Vater Prokurist - aber: Jude.
(Im Bild von links: Hans' Bruder Michael, Mutter Else und Hans Schwabacher im Hofgarten 1936)

Deswegen ist die Emigration in die USA schon vor Kriegsbeginn beschlossene Sache gewesen, doch die Amerikaner wollen Hans' Mutter Else wegen ihrer Lungenerkrankung nicht aufnehmen. Sie stammt aus einer katholischen Familie, ist für die Hochzeit aber zum Judentum übergetreten. So muss Hans' Vater schweren Herzens alleine gehen. (Bild: Hans' Eltern Else und Paul Schwabacher 1929)

Wegen ihrer Erkrankung kann sich Else oft nicht um die Söhne Hans, Michael und Thomas kümmern. Es wird das Kindermädchen Ancilla Nunn eingestellt, sie passt auch auf die Kinder von Anni Popp, der späteren Chefin der Würzburger Weinstube Popp, auf. Ancilla bringt die Schwabacher-Kinder immer öfter mit zu den Popps in der Koellikerstraße. „Die Gestapo kam ein paar Mal“, sagt Anni Popp 1994. „Wir würden Juden beherbergen, hieß es. Zum Glück waren die Kinder zufällig gerade immer weg.“ Wenn die Gestapo Jagd auf die Kinder macht, sorgen Anni Popp und Ancilla Nunn dafür, dass die Buben unauffindbar sind. (Im Bild von links: Michael Schwabacher, Ancilla Nunn, Anni Popp, Thomas Popp, Herr Popp, Thomas Schwabacher)

Werner Fuchs

Werner Fuchs: Der im April 1930 geborene Werner (später: Verne) Fuchs besucht die Zellerauer Volksschule und die Oberrealschule, das heutige Röntgen-Gymnasium, am Sanderring.

Die Eltern des 14-Jährigen sind Sozialdemokraten, der Vater darüber hinaus ein überzeugter Pazifist. Er hat im Ersten Weltkrieg seinen rechten Arm verloren, kann deshalb seinen erlernten Beruf als Buchdrucker nicht mehr ausüben und ist in einem Modegeschäft am Kürschnerhof als Bürogehilfe beschäftigt.

Werners Vater hasst alles, was mit Hitler und seiner Partei zu tun hat und informiert sich und seine Freunde über das Weltgeschehen durch das Abhören ausländischer Sender, was im Dritten Reich strengstens verboten ist.

Würzburg vor dem Angriff

Es ist noch dunkel, als Betti Götz am 16. März 1945 um 6 Uhr ihren neunjährigen Sohn Georg weckt.

Die Nacht hat er mit Mutter und Großvater in dessen Garten am Oberen Schalksberg in de­­­­r Nähe des Bismarckwäldchens verbracht. Seitdem Bomben am 23. Februar 1945 auch Grombühl getroffen und viele Menschen getötet haben, geht es jeden Nachmittag hinauf in die Höhe und am Morgen, nach der Übernachtung im Gartenhaus, wieder hinunter in die Stadt.

Seit dem 12. März ist Georg Götz Ministrant in der Josefskirche. Anfangs war er aufgeregt. Doch jetzt, nach viermaligem Dienst am Altar, weiß er, was von ihm erwartet wird. Pfarrer August Burk hat ihn auch am 16. März für den Morgengottesdienst um 7 Uhr eingeteilt. Er eilt den Berg hinunter, um rechtzeitig zum Ankleiden in der Sakristei zu sein. Alles klappt.

Nach dem Gottesdienst geht es in die Wohnung in der Petrinistraße 11 zur Mutter, die inzwischen das Frühstück vorbereitet hat, anschließend in die Pestalozzischule. Von Unterricht kann nicht mehr gesprochen werden. Georg Götz: „In unserer Klasse waren schon seit geraumer Zeit viele Plätze leer. Manche Schulkameraden befanden sich mit ihren Eltern nicht mehr in Würzburg, sondern bei Verwandten außerhalb der Stadt. Für die wenigen Schüler gab es nur neue Hausaufgaben und die alten von gestern wurden durchgesehen.“

Im März 1945 ist das architektonische Gesamtkunstwerk Würzburg noch weitgehend intakt. Ein „nach Norden verirrtes Florenz“ hat der französische Dichter Paul Claudel die Stadt genannt. Historische Fotos zeigen kontrastreiche Fassaden, ein faszinierendes Spiel von Licht und Schatten, eine geradezu südländische Leichtigkeit.

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Created by Tal Garner
On Nov 18, 2021