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Die Chronologie im Mordfall Kim Wall

In Kopenhagen wurde am 25. April das Urteil gegen U-Bootbauer Peter Madsen gesprochen. Der Fall ist so spektakulär wie rätselhaft. Eine Chronologie.

shz.de - Nachrichten aus Schleswig-Holstein
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auf 10. Aug. 2018
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In einem selbstgebauten U-Boot fuhren Journalistin Kim Wall und Erfinder Peter Madsen auf den Øresund hinaus. Wenig später war sie tot. Auch der Mordprozess lieferte nicht alle Antworten. Ein Urteil mussten die Richter trotzdem fällen.

Wie kam es zum Treffen zwischen Kim Wall und Peter Madsen?

Am Abend des 10. August fuhren Madsen und Wall mit dem U-Boot hinaus auf den Øresund, die Meerenge zwischen Dänemark und Schweden. Die junge Frau wollte ihn interviewen. Die 30-Jährige war investigative Journalistin, hat bereits aus Uganda und Sri Lanka berichtet, schrieb für den „Guardian“, die „New York Times“ und das renommierte Magazin „Time“. Der Mensch in ihrer nächsten Story sollte Madsen sein.

„Sie fand Geschichten, wo immer sie hinreiste. Kim hatte eine einzigartige Fähigkeit, den Menschen zu sehen.“

Ingrid Wall

Mutter von Kim Wall

Was geschah am 10. August?

Der Tatort: Das U-Boot „Nautilus“ des Tüftlers Peter Madsen.

Für das Interview verließ Kim Wall offenbar ihre eigene Abschiedsparty. Das erzählte ihr Freund einem dänischen Fernsehsender. Die beiden wollten nach China ziehen. Wall winkte ihm noch vom Turm des U-Bootes zu. Staatsanwalt Jakob Buch-Jepsen las vor Gericht die letzte Nachricht der jungen Journalistin an ihren Freund vor. 

KW

Kim Wall

Kim Wall say

Ich lebe übrigens noch – aber wir gehen runter! Ich liebe dich!!!!!!

Peter Madsen machte widersprüchliche Aussagen über die Todesumstände.

Über den Ablauf der Nacht tischte Madsen der Polizei mehrere Versionen auf.

  1. Zuerst behauptete er, er habe die junge Frau noch am Abend an Land abgesetzt.
  2. Dann gab er zu, dass sie an Bord starb. Ein schweres Luk sei ihr auf den Kopf gefallen. Doch die Rechtsmediziner finden am Schädel keine Spuren.
  3. Madsen hatte prompt die nächste Version parat: Möglicherweise, sagt er, sei die junge Frau im Boot erstickt. Er habe das nicht mitbekommen, da er an Deck gewesen sei.


Peter Madsen sagte vor Gericht aus, er habe etwas reparieren wollen, habe deshalb einen Kompressor und zwei Motoren gestartet und sei durch ein Luk nach draußen geklettert. Er habe das Luk nicht wieder öffnen können, wohl weil sich ein Unterdruck im Boot gebildet habe.

„Ich konnte Kim da unten rufen hören.“

Peter Madsen

Aussage beim Prozessauftakt

Erst nach einer Weile habe er das Luk wieder öffnen können. Ihm sei warme Luft entgegengekommen. Wall habe leblos im Boot gelegen. Madsen zufolge starb Wall kurz nach 23.05 Uhr.

„Ich halte mich insofern für schuldig, dass ich wusste, dass es an Bord der Nautilus gefährlich werden kann“, sagte Madsen. „Mit der Situation konnte ich nicht leben.“ Er habe nur noch weggewollt – und sei stundenlang mit dem U-Boot durch die Gegend gefahren, egal wohin. Dann habe er die Leiche einfach loswerden wollen.

Dennoch schrieb er noch eine SMS an seine Frau. Die SMS wurde am 10. August 2017 um 23.25 Uhr verschickt.

Peter Madsen

Peter Madsen say

Ich bin auf einer kleinen Abenteuerfahrt mit der Nautilus. Segle im Mondschein mit Meeresblick. Tauche nicht. Grüß die Kätzchen.

„Du hast erklärt, dass Kim Wall gegen 23.05 Uhr starb und dass du daraufhin vom Deck des U-Bootes runterkommst und versuchst, sie hochzuheben. Und dann hast du noch Zeit und die psychische Kraft, eine SMS an deine Frau zu verschicken, anstatt dich um Hilfe zu kümmern?“, so die Frage des Staatsanwaltes an Madsen. Dessen Antwort: „Ja, das hatte ich. Du musst meine Situation verstehen. Ich wusste, dass sie mich im Laufe der Nacht vermissen würde, also musste ich irgendetwas an sie schicken.“

Eine Fähre habe um Mitternacht in Gewässern nahe Kopenhagen Kontakt zu dem U-Boot gehabt, sagte Jens Møller Jensen, der leitende Kriminalbeamte der Kopenhagener Polizei. Dann hätten sich Hinweise auf den Verbleib des Schiffes verloren, bis es am darauffolgenden Tag in der Køgebucht gesichtet worden sei.

Die Fahrt des U-Boots

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Peter Madsen will versucht haben, die Leiche loszuwerden. Er habe es aber nicht geschafft, Kim Wall den U-Boot-Turm hinaufziehen. Irgendwann sei er schlafen gegangen. „Und nein, ich lege mich nicht zu ihr, wie es die Medien beschrieben haben.“ Er habe zwei Türen entfernt von der Toten geschlafen.

Sein U-Boot sei abgetaucht gewesen. Als er aufwachte, hatte er einen neuen Plan.

Was tut man, wenn man ein großes Problem hat? Man teilt es auf in ein paar kleinere.

Peter Madsen

Spurensuche

Am Vormittag des 11. August wurde die „Nautilus“ entdeckt, doch sie sank. Madsen fischte man aus dem Wasser.

Das U-Boot sank südlich von Kopenhagen. Der Besitzer und Erfinder wurde am 11. August von Anglern gerettet. Die schwedische Journalistin galt als vermisst.

Die „Nautilus“ wurde aus sieben Metern Wassertiefe gehoben und von Technikern durchsucht. An Bord wurde keine Leiche gefunden. Die Polizei sagte, es gebe Hinweise, dass das Schiff absichtlich zum Sinken gebracht wurde.

Madsen wurde am 12. August zu 24 Tagen in Untersuchungshaft verurteilt. Er wurde der fahrlässigen Tötung verdächtigt und legte keinen Einspruch ein, bestritt die Vorwürfe aber. 

Teile von Walls Leiche wurden Tage und auch noch Wochen nach dem Vorfall im August im Meer gefunden. Erst der Torso und der Kopf, dann die Beine, ein Arm zuletzt. In ihrem Torso entdeckte man Messerstiche. Zunächst hatte Madsen behauptet, er habe die Leiche in einem Stück über Bord geworfen. Dann gab er laut Polizei zu, sie zerteilt und in Stücken über Bord geworfen zu haben.

Peter Madsen ist in Dänemark als schillernde Persönlichkeit bekannt. Er hat zusammen mit Mitstreitern drei U-Boote gebaut. Die „Nautilus“ ist seiner Homepage zufolge mit knapp 18 Metern eines der größten selbstgebauten U-Boote der Welt. Madsens anderes Steckenpferd ist die Raumfahrt. Seit Jahren arbeitet er an der Entwicklung von Raketen. Er hat eine Menge Unterstützer und Sponsoren.

Mögliches Motiv

DNA-Spuren von Peter Madsen fand man auf oder in Walls Leichnam nicht. Doch Kim Walls Slip lag im U-Boot, genau wie ihre auf links gezogene Strumpfhose war er an mehreren Stellen zerrissen. In der Nähe fanden die Ermittler dicke ausgerissene Haarsträhnen.

Madsen gab vor Gericht an, dass er promiskuitiv veranlagt sei, also Geschlechtsverkehr mit vielen verschiedenen Frauen habe. Die Ermittler hätten Sperma in seiner Unterhose gefunden, weil er vor der Tauchfahrt Pornos schaute.

Zeugen zufolge hatte er noch weitere Frauen in sein selbstgebautes U-Boot eingeladen. 

Darüber hinaus soll sich Madsen auch Enthauptungsvideos des sogenannten Islamischen Staates (IS) angesehen haben. Auch 90 Filmsequenzen wurden entdeckt. Davon drehten sich 26 um Mord an Frauen, so der Staatsanwalt.

Suchbegriffe auf dem Computer des Angeklagten

Die Cyberabteilung der dänischen Reichspolizei hatte seinen Computer untersucht.

Vor Gericht legte die Staatsanwaltschaft auch Madsens Internet-Suchverlauf vor.

Mehrere Zeugen berichteten, dass Peter Madsen auch über Snuff-Filme gesprochen habe, bei denen vor laufender Kamera jemand stirbt. Auch auf seiner letzten Fahrt hatte er eine Kamera an Bord. Die Speicherkarte können die Ermittler nicht finden.

Rechtsmedizinern zufolge zeigte Peter Madsen nach dem Vorfall wenig Empathie und wurde erst emotional, als er über sich selbst redete. Er trete höchst unglaubwürdig auf und habe keine klaren Werte, schrieben sie in ihrer psychologischen Beurteilung.

Weil Madsen sexuell schwer gestört sei, sei das Risiko groß, dass er in Zukunft ähnliche Verbrechen begehe.

Keiner der Richter nimmt Peter Madsen die Geschichte vom tragischen Unfalltod einer Reporterin in seinem U-Boot ab. Während sie seine Verteidigung in der Luft zerreißen, sitzt der Erfinder völlig emotionslos da. Minutenlang zuckt kein Muskel. Das Gericht hält ihn für den kaltblütigen Mörder von Kim Wall, für einen Sexualverbrecher. Madsen bekommt die Höchststrafe: Er muss lebenslang ins Gefängnis.

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Created by Tal Garner
On Nov 18, 2021
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