Ruinen, Leerstände, verfallene Denkmäler
Ruinen, Leerstände, verfallene Denkmäler
In Wiesbaden gammeln teils prächtige Bauten vor sich hin. Die Eigentumsverhältnisse sind schwierig und um die Nutzung gibt es Diskussionen.
In Wiesbaden gammeln teils prächtige Bauten vor sich hin. Die Eigentumsverhältnisse sind schwierig und um die Nutzung gibt es Diskussionen.

In Wiesbaden gammeln teils prächtige Bauten vor sich hin. Die Eigentumsverhältnisse sind schwierig und um die Nutzung gibt es Diskussionen.
Die Ruine ist mittlerweile Ziel nächtlicher Besucher. Wie eine Nachbarin der zerfallenden Villa am Neuberg 20 schildert, seien kürzlich junge Leute mit Getränkekisten, sie vermutet eine „Abifeier“, in das nur schlecht gesicherte Haus eingedrungen und hätten lautstark Party gemacht. Die Polizei sehe sich da auch außerstande, grundsätzlich für Abhilfe zu sorgen, sagt die Anwohnerin desillusioniert.
Andreasstraße 2-10: Eine Baugenehmigung in der Andreasstraße 2 für die „Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes, Erstellung eines Wintergartens mit Terrasse im Erdgeschoss, Errichtung eines Balkons im Obergeschoss, Errichtung einer Loggia im Spitzboden“ vom 24. Januar 2017 ist erteilt, so die Stadt. Das Gebäude ist eingerüstet und es wird daran gearbeitet, heißt es.
Seit zehn Jahren verfällt das einst schöne Haus in bester Lage mit Mansarddach, Giebeln und Erker vor den Augen der Nachbarn. Der Eigentümer, ein Frankfurter Ingenieur, hatte noch mit der Sanierung begonnen, dabei das Dach entfernt und sich jetzt seit über zwei Jahren nicht mehr auf der Baustelle blicken lassen. Vermutet wird, er habe die Lust verloren, weiterzumachen, weil ihm die Stadt nach seinem Geschmack zu viele Auflagen gemacht habe. Auch das Gerüst ist seit November 2017 verschwunden. Der Dachdecker, berichten Anwohner, sei in Ruhestand gegangen.
Loreleiring 8 (Haus „Rose“) : Die Genehmigung für die „Änderung von Wohnungsgrundrissen entsprechend heutiger Anforderungen „Generalsanierung des Vorderhauses““ stammt vom 14. September 2015 und hat laut Stadtplanungsamt noch Gültigkeit. Ein weiterer Antrag zum „Abbruch und Neuerrichtung von Balkonen mit Aufzug und Neugestaltung des Vorgartens“ vom 3. Mai 2017 wurde wegen Unvollständigkeit zurückgewiesen.
Nachdem es lange nichts Neues zu vermelden gab, die Stadt auf ein laufendes Verfahren verwies, heißt es nun, ein Bauzeitenplan sei nach Aufforderung und Fristsetzung auch fristgerecht im März 2018 vorgelegt worden, danach würden Sicherungsmaßnahmen im Bereich des Daches und der Außenmauer noch im April vorgenommen. Die Nachbarn bleiben skeptisch.
Karlstraße 18: Das Land Hessen verkaufte Ende 2015 das zuletzt als Archiv des Museums Wiesbaden genutzte und als „spätbiedermeierlich“ denkmalgeschützte Haus. Seit Mitte 2017, als es hieß, das Gebäude stehe wieder zum Verkauf, gebe es keinen neuen Kenntnisstand, so das Dezernat für Stadtentwicklung und Bau.
Die Villenruine ist einer von mehreren sogenannten „Schandflecken“ in der Landeshauptstadt. Es handelt sich um Gebäude, die seit Jahren und teils Jahrzehnten ungenutzt sind und nicht selten auch einige Besitzerwechsel hinter sich haben. Die Möglichkeiten der Stadt, Zwang auf Haus- oder Grundstückbesitzer auszuüben, sind begrenzt. Meist beschränkt es sich auf Gefahrenabwehr. Bröckelt ein Haus, kann, wie am Geisberg 18, die Sicherung des Gebäudes verlangt werden. Und manchmal, siehe Luisenstraße 7, ist gar die öffentliche Hand Eigentümerin der „Bruchbude“. In einer unvollständigen Auflistung stellen wir auf dieser Seite mehrere Beispiele vor. Im Stadtgebiet gibt es aber noch einige mehr, mit denen sich das Stadtplanungsamt immer wieder beschäftigen muss. Zu unserer Auswahl lieferte Thomas Schwendler, Referent im Stadtplanungsamt, die aktuellen Informationen.
Eine schwierige Gemengelage gibt es etwa bei der ehemaligen „Klinik am Bingert“ in der Leibnizstraße 11-17 mit einst 295 Betten und seit über zehn Jahren leer stehend. Hier heißt es seitens der Stadt, aktuell fänden Gespräche mit dem Eigentümer über die konkrete künftige Nutzung des Geländes statt. Bereits 2013 wurde von der WM Bauträger GmbH, Inhaber Willi Müller, für das Areal eine Bauvoranfrage für ein Ärztehaus gestellt, seitdem wurden aber nur Rodungsarbeiten durchgeführt und ein Teil der Gebäude oberhalb des Thermalbades abgerissen. Jetzt heißt es, die Gespräche dienten „der Erörterung realistischer Bebauungsmöglichkeiten, die auch die aktuelle Marktsituation berücksichtigten“. Andere Nutzungen als die klinische könnten nur von der Stadtverordnetenversammlung entschieden werden. Die aber hatte bereits eine Nutzungsänderung abgelehnt.
Auch die prachtvolle Villa in der Walkmühlstraße 29-31, die seit dem Tod der Eigentümerin im Jahr 2007 und dem Auszug der letzten Mieter verwaist ist, harrte zuerst der Erbnachfolge und nunmehr neuer Nutzung. Eine Immobilienfirma versuchte bereits, Eigentumswohnungen im als Einzeldenkmal geschützten Klassizismus-Gebäude aus dem Jahr 1869 zu verkaufen. Das Schild verschwand dann wieder. Offensichtlich wird seit Längerem versucht, eine höhere Grundstücksausnutzung zu erzielen. Von Planungsreferent Schwendler ist zum Stand der Dinge zu erfahren, dass im Zuge der Abstimmungsprozesse „eine maßvolle Lösung erarbeitet“ worden sei, die ein Einfamilienhaus im rückwärtigen Grundstücksbereich vorsehe. Dieser neue Baukörper werde in den Hang zwischen Villa und Kutscherhaus geschoben, „erhält ein begrüntes Dach sowie eine Natursteinverkleidung und soll somit nach außen möglichst wenig in Erscheinung treten“.
Zollspeicher am Biebricher Rheinufer: Nach jahrelangem Hickhack um einen Baubeginn hat die Stadt Wiesbaden jetzt das Heft des Handelns wieder an sich gezogen und vom Wiederkaufsrecht Gebrauch gemacht. Hier könnte es, sobald alles in trockenen Tüchern ist, in Kürze tatsächlich losgehen und die geplanten Eigentumswohnungen könnten von der SEG realisiert werden.
Um zukünftig Stellplätze im Villengarten zu vermeiden, werde auf dem Grundstück des Weiteren eine Tiefgarage realisiert. „Durch den starken Geländeanstieg wird von diesem Baukörper nach Abschluss der Maßnahme lediglich der Zufahrtsbereich am rechten Grundstücksrand sichtbar sein“, so Schwendler. Dem alten Herrenhaus des Adalbert Steinkauler, Besitzer der Brauerei Walkmühle, würde eine Wiederbelebung gut tun.